„Du hörst mir zu?“ ruft jemand in meinem Rücken. Ich bin gerade tatsächlich mit etwas anderem beschäftigt gewesen. Ich drehe mich herum und sehe ihn – einen Mann, den ich noch nie gesehen habe und der schon in der Kirchentür steht. „Na klar“, sage ich und mache es uns etwas gemütlich, ein Tisch, eine Kerze, zwei Stühle in der Kapelle der Refo.
So fängt das oft an. Jemand kommt vorbei, wie zufällig, weil das Angebot auf dem Schild am Kircheneingang „Mal reden? Ich höre dir zu“ sie oder ihn einfach trifft. Manchmal hat man einfach das Bedürfnis, etwas zu erzählen, was einen schmerzt, freut, in einem Wort: innerlich bewegt.
Die Leute, die Mittwochs von 17-19 Uhr an die Wiclef- Ecke Beusselstraße kommen, erzählen von ihrem Leben, von verlorenen Söhnen, von eigener Einsamkeit, von Menschen, die gestorben sind. Selten von Banalem, oft von Tiefem. Und „Mal reden?“ ist eben auch wörtlich gemeint. Manchmal ist es eben auch nur das – sich mal unterhalten. Es darf sein.
Wenn die Menschen wieder gehen, drücken sie oft ihren Dank aus. Es tat gut. Aber auch bei mir ist etwas Gutes geblieben. Ich habe meine Zeit verschenkt für Jemanden, die oder der sie brauchen konnte. Das alleine ist schon gut. Manchmal passiert noch mehr. Es gibt nochmal ein Feedback. Tage später auf der Straße. Ein Gruß, ein Dank, ein Follow-Up, wie ein [weiterlesen] im Internet:
„Er hat sich gemeldet“ war so ein Ding. „Ich glaube, das war Gott“.
Solche Glaubensaussagen bleiben nicht ohne Wirkung bei mir. Wir hatten gebetet und jetzt ist etwas passiert, was passieren sollte und wir beide, die Andere und ich, glauben, dass das Gott war. Das bleibt in mir, das trägt mich lange.
Ich habe etwas Zeit verschenkt und bekomme Glauben zurück.
Noch etwas zu den Seelsorgezeiten:
Wir sind derzeit 5 ZuhörerInnen: Stefanie, Rudi, Friedgard, Dorothea und Sebastian. Gerne kann man sich uns noch anschließen. Es gibt quartalsweise Treffen und auch Schulung zur Seelsorge ist möglich. Die Haltung des Zuhörens kann man üben und lernen.
Kommen zum „mal reden“ darf JedeR, auch du.
Sebastian Leenen
www.sebastianleenen.de