…Die Tage zerbröckeln 

16. Februar 2023

„…Die Tage zerbröckeln

zwischen den Fingern

Wie dürre Figuren aus Lehm

Die Minuten sind träg

Wer errät

ihren unregelmäßigen Gang

Sie haben den Hang

zu früh zu sein

oder zu spät“

Doch endet das Gedicht nicht mit dieser hoffnungslosen Feststellung. Denn es heißt es weiter:

„Nur der Moment

ist ewig

Er brennt

unausgesetzt

im Augenblick des Jetzt

dem Gott der Gegenwart“

Im „Augenblick“, im „Moment“ liegt hier ein Schlüssel zum Ausweg aus der Misere, des „zu früh oder zu spät seins“ und der „zerbröckelnden“ der Zeit.

Und so geht es immer wieder darum, den Moment, in seiner Kostbarkeit zu erfahren; ihn mitzubekommen, während wir ganz da sind.

Gelingt uns das mehr und mehr, dann verliert auch der hektische Drive, der den Alltag so oft beschreibt, an Macht über uns, während wir unser Leben entschleunigen.

Immer wieder zu uns selbst finden, indem wir das Gewohnte verlieren. Nicht an unserer alten Identität festhalten, sondern Neues begrüßen, Transformation zulassen.

Gott lädt uns hier ständig dazu ein „umzukehren“, uns auf etwas einzulassen, dass unsere Vorstellungskraft übersteigt. – Und damit eben auch unsere Gewohnheiten zu ändern und aus dem vertrauten Leben herauszutreten, weil dahinter noch etwas Anderes auf uns wartet.

Dieses Gotteserlebnis immer wieder als etwas Augenblickliches zu erleben, erfordert Mut und Vertrauen.

Denn in so eine Offenheit zu treten, bedeutet, uns bewusst dem Neuen, den Überraschungen des Lebens anzuvertrauen. Das braucht Mut. Am Ende aber, leben wir dadurch viel freier, inmitten einer Fundgrube von unerwarteten Möglichkeiten.

Sich dem Leben ausliefern, bedeutet auch, dass der Glaube nicht nur Beiwerk, Deko,  Zusatz, Ergänzung oder Gewohnheit ist, – sondern viel mehr.

Das Geheimnis dieses „mehr“, liegt im Augenblick. Nämlich darin, – dass wir den Augenblick als Begegnung erfahren.

Wo wir Gott als einen in unserer Seele erwachenden Strudel wahrnehmen.

Das ist ein Bild für ein sehr körperliches Erleben. – Ähnlich einer geheimnisvollen Flamme, die in uns brennt. – Ein Licht in unserer Dunkelheit.

Dieses Wunder des Augenblicks, stellt unser Leben auf den Kopf. So ausgeliefert zu sein, macht aber auch Angst.

Wir haben Angst, da wir keine Kontrolle über das Unvorhersehbare haben, das der Moment mit sich bringt, der zeitweise wie ein Blitz in unser Leben einschlägt.

Denn der „Augenblick“ widersetzt sich fortlaufend der Einhegung, der Kontrolle und der Mäßigung.

Doch nur, wenn wir uns diesen Augenblicken des Lebens aussetzen und uns so selbst entlassen, selbst ausliefern, geschieht Grenzüberschreitung, – hin zur Ewigkeit.

Eine Perspektiv Verschiebung, weg von der Begrenzung, hin zum Grenzenlosen

Verlieren wir dabei unseren klar definierten Boden unter den Füßen, fallen wir, Bodenlos und ohne Netz.

Und es braucht dann definitiv Vertrauen, – uns so fallen und – erfüllen zu lassen.

 

(Textauszüge aus dem Kontemplativen Gottesdienst am 12.02.2023 von Jens & Marlies Reulecke)

SHARE THIS STORY