Kontemplativer Gottesdienst am 09.03.2025 zum Thema “versöhnt und verbunden”

17. März 2025

Kontemplativer Gottesdienst zur Passionszeit                                                   
versöhnt undverbunden leben

Wir befinden uns in der Passionszeit, also die 40 Tage zwischen Aschermittwoch und Karsamstag. – In dem Wort „Passion“ stecken das Leiden aber auch die Leidenschaft.
In dieser Zeit fasten viele Menschen. Sie gedenken dem Leidensweg Christi, verzichten auf etwas, das sie gerne haben und schließen sich damit symbolisch dem Leiden Christi an. Andere verbinden damit Buße und Besinnung.
Doch ist es angesichts des Leides in der Welt sinnvoll, innezuhalten? – Wäre es nicht in dieser kritischen Zeit viel eher dran, aktiv Leid zu lindern?

Vergessen wir nicht, dass die Passion Christi, die am Karfreitag in der brutalen Kreuzigung Jesu gipfelte, auch mit Ostern verbunden ist.
Das bedeutet, dass aus dem Leidensweg heraus Versöhnung erwächst. – Im 1. Johannes 2, 2 steht dazu:
„Und Christus ist die Versöhnung für unsere Sünde, nicht allein aber für die unsere, sondern auch die der ganzen Welt.“
Und im 2. Brief des Paulus an die Korinther 5,18 lesen wir ergänzend:
„Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen hat.

Das Leiden Jesu dient also der Versöhnung der Menschen mit Gott.

Und so die Versöhnung im eigenen Leben zu erfahren, also mit sich ins Reine zu kommen, ermöglicht uns doch erst, einander zu vergeben. – Während wir wieder aufeinander zugehen, die Gräben überbrücken, uns neu miteinander verbinden. – Und uns damit weigern, Feinde zu sein.
Das ist besonders dann eine große Herausforderung, wenn die Menschen so ganz anders ticken als wir selbst.

Finden wir wieder zueinander, so folgen wir einem Lebensprinzip. – Denn die Erde, mit allem, was auf ihr existiert, ist ein zusammenhängender Organismus, der wiederum innerhalb des Universums mit allem verbunden ist.
Selbst wenn dieses Lebensprinzip, nicht die Realitäten unserer Zeit spiegelt, ist es eine Wahrheit, die sich durch die gesamte Schöpfung zieht.
Obwohl uns Konkurrenz, das Gegeneinander, neue Grenzziehungen, Abspaltungen und Machtdemonstrationen das Gegenteil vorführen, strebt alles zur Verbindung.
Doch jedes Mal, wenn wir aufmerksam wahrnehmen, entdecken wir die Schönheit und die Wunder all der Querverbindungen.
Das heißt, wir erleben diese tiefe Resonanz, die alles Leben, – also die gesamte Schöpfung, durchzieht.

Vielleicht liegt genau hier unsere Lebensaufgabe. Nämlich zu erkennen, was uns vom Leben fernhält, weil es zwischen uns und den anderen Menschen steht.
Hier Veränderung zu erleben, geschieht immer dann, wenn wir mit unserem Inneren ringen, um von all den Vorstellungen loszukommen die Trennendes befeuern und stattdessen zu überwinden, – während wir uns öffnen.

Tief in unser menschliches Wissen ist etwas eingeschrieben. – Und unsere Lebensaufgabe besteht darin, diese Wahrheit wie einen Schatz zu heben, – ans Licht zu bringen und dabei selbst Licht zu werden.
Diese nie endende Quelle. – Genau dorthin weist die Passionszeit und sie kann uns auch zu dieser Quelle führen. – Dort, wo eine neue Fülle inmitten der Dunkelheit auf uns wartet. Doch geht es häufig erst einmal durch die eigene Dunkelheit hindurch.

 So fördern wir eine Zugehörigkeit, die sich aus der Kraft der Verbundenheit speist und die trotz der Unterschiedlichkeiten keine Vorherrschaft des einen gegenüber dem anderen kennt.
Das könnte ein erster Schritt zur Versöhnung sein, dass wir lernen, die anderen nicht nur als Stein des Anstoßes zu sehen, sondern zu akzeptieren. – Religiösen Menschen scheint das besonders schwerzufallen.

Sicherlich ist das auch ein weiterer Grund für all die Kriege und all das Leid, wenn Menschen um die Vorherrschaft des eigenen Glaubens kämpfen.
Aber auch hier besteht die Chance, sich über die Religionen und Nationen hinweg, – zu verbinden.

Wiligis Jäger sagt dazu:
„Wenn du auf der mystischen Ebene ankommst, gibt es keine Buddhisten, Hindus, Muslime, Juden oder Christen. Es gibt keine Asiaten, Europäer, Amerikaner oder Afrikaner. Es gibt nur eine Ebene, die alles übersteigt und die eigentliche Deutung unseres Menschseins bringt. Dahin sollten uns die Konfessionen führen.“

Im Altarraum befindet sich eine Boden-Wand Arbeit mit dem Titel „it feels more human“, auf Deutsch so viel wie, „es fühlt sich menschlicher an“.
Die Arbeit lässt sich gut auf die Passionszeit beziehen. – Auf dem weißen, leichten Tuch, ähnlich einer Haut, – es könnte auch ein Leichentuch sein, – ist ein rotes Stoffband genäht.
Was zu sehen ist, sind Umrisslinien eines menschlichen Wesens, das sich in einer Art Transformation befindet. – Es erscheint verletzlich, krümmt sich, gibt einer Veränderung Raum, während es gleichzeitig von einer unsichtbaren Kraft beseelt ist.

Wir können hier also beides wahrnehmen, ein Absterben und gleichzeitiges Streben nach einem befreiten Leben, das bereits spürbar ist. – Etwas will ganz zum Leben durchdringen, – zu einem „menschlichen Leben“.
Das rote Band tastet sich auf dem Papier vor und bildet den Umriss eines Körpers, der die Kreuzigung und die Auferstehung in sich vereint.
Zudem führt das rote Band über die Figur hinaus, hinein in den Altarraum. –  Damit kommt es uns entgegen, öffnet uns diesen sehr intimen Raum und nimmt uns mit hinein.
Das ist die Möglichkeit der Kunst, – sei es der Musik, der Bildenden oder Darstellenden Kunst. – Denn hier werden unsere Sinne angesprochen und erobert, womit die Menschlichkeit zurückkehrt. – Was ebenso eine bedeutende Auferstehung ist, die wir selbst täglich einüben können.

Marlies & Jens

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